Über das Schreiben
Artikel und nützliche Informationen rund um das Thema »Schreiben«

Nicht umsonst bin ich gestern so intensiv auf das Thema Lektorat eingegangen. Ein Lektorat ist natürlich immer erforderlich, bei jedem Text. Selbst als erfahrene Autorin ist man dankbar dafür, wenn man eine erfahrene Lektorin hat, die noch einmal über das Manuskript geht und vielleicht logische Fehler findet.

Denn niemand ist davor gefeit, Fehler zu machen. Und manchmal gerät man beim Schreiben regelrecht in eine Art Rausch. Da achtet man dann nicht mehr so auf Tippfehler oder Grammatikfehler (ja, auch erfahrene Autorinnen machen die 😉) oder sogar auf die Logik der Geschichte. Oder man schreibt selbst etwas um, und plötzlich stimmt irgendetwas nicht mehr.

Das ist mir gestern so bei meinem Roman Von der Lust geblendet gegangen, der im Januar 2019 erscheinen soll und an dem ich jetzt die letzten Anpassungen für den Druck gemacht habe. Da hatte ich etwas umgeschrieben und eingefügt und dachte, ich wäre fertig, und plötzlich – habe ich mir vor den Kopf geschlagen und ausgerufen: „Mist! Jetzt passt das andere ja nicht mehr!“

Ich war für einen Moment wirklich ganz verzweifelt, weil ich dachte, ich muss jetzt noch eine Menge Änderungen machen, damit das überhaupt stimmt. Und das auf die letzte Minute. Wo ich noch so viel anderes zu tun habe im Augenblick und auch in der nächsten Zeit.

Dann kam mir aber gestern Nacht noch eine Idee, und so gegen viertel nach elf, quasi kurz vor Mitternacht, konnte ich dann erleichtert aufatmen. 🙂 Es waren zwar eine ganze Menge Änderungen nötig gewesen, aber nicht so viele, wie ich ursprünglich befürchtet hatte. Der Drucktermin kann also gehalten werden. 😎 Ich hoffe doch, dass einige Leserinnen, die einen großen Teil der Geschichte dieses Jahr im April schon auf der Webseite gelesen haben, schon gespannt auf das Buch warten, um das Ende lesen zu können. Das glücklicherweise jetzt sehr romantisch ist. 😉

Meine Lektorin hat mir dann heute auch noch bestätigt, dass das so in Ordnung ist und das Buch jetzt so in Druck gehen kann. Theoretisch wusste ich das auch schon vorher, weil ich ja selbst schon die Bücher anderer Autorinnen lektoriert habe, aber bei den eigenen Texten ist es immer noch etwas anderes. Da hat man gern noch einmal eine Bestätigung von außen, auch wenn man das Schreibhandwerk eigentlich beherrscht.

Aber wann beherrscht man das Schreibhandwerk? Wenn man Deutsch kann? Wenn man keine Rechtschreib- und Grammatikfehler mehr macht, wenigstens nicht viele? Oder ist da noch etwas anderes?

Wie ich schon in dem Lektoratsartikel gestern schrieb, ist die Beherrschung der deutschen Sprache und dass man keine Rechtschreib- und Grammatikfehler macht, eigentlich eine Voraussetzung dafür, dass man erst Autorin sein kann. Auch wenn das viele heutzutage offensichtlich anders sehen. Ich halte es also für absolut nichts Besonderes, dass man einen fehlerfreien deutschen Text schreiben kann. Das hat nichts mit dem Handwerk des Schreibens zu tun.

Das Handwerk des Schreibens beginnt dort, wo das einfache Sätze-Aneinanderreihen aufhört. Jeder Mensch kann Sätze aneinanderreihen. Selbst ein kleines Kind kann das schon, sobald es sprechen gelernt hat. Dennoch würde man von einem dreijährigen Kind sicherlich nicht sagen, dass es das Handwerk des Sprechens beherrscht. Und von einem sechsjährigen Kind, das in der Schule die ersten Schreibversuche macht, würde man auch nicht sagen, dass es das Handwerk des Schreibens beherrscht.

Wenn man jedoch dann erwachsen ist, wird das merkwürdigerweise oft gleichgesetzt. Als ob man im Laufe des Erwachsenwerdens ein Diplom in Schreibhandwerk erworben hätte. Einfach so.

Niemand würde wahrscheinlich davon ausgehen, dass man im Laufe des Erwachsenwerdens automatisch ein Diplom in Autofahren erwirbt. Nur mal so als Beispiel. Weil man mit achtzehn ja dann den Führerschein machen kann. Den kann man aber nur machen, wenn einem vorher jemand gezeigt hat, wie man ein Auto fährt. Und man muss auch noch eine Prüfung ablegen.

Für das Schreibhandwerk muss man keine Prüfung ablegen. Deshalb gehen wahrscheinlich viele davon aus, dass sich das einfach so von selbst lernt. Aber es ist wie beim Autofahren: Es muss einem jemand zeigen, wie es geht. Und es gibt nur sehr wenige Leute, die das können.

Denn im Gegensatz zu Autofahren ist die Beherrschung des Schreibhandwerks für das tägliche Leben nicht unbedingt erforderlich. Jeder Mensch kann eine Einkaufsliste schreiben, eine SMS schreiben, eine E-Mail schreiben. Dafür braucht man kein Diplom.

Wenn man von dieser Tatsache ausgehend jedoch annimmt, dass das Schreibhandwerk nicht sehr viel mehr erfordert als eine SMS, dann ist man auf dem Holzweg. Hier in diesem Bild, das ich im Internet gefunden habe und das ebenfalls von einem professionellen Autor stammt, wird das sehr gut dargestellt. 

Viele – insbesondere Selfpublisher – meinen, sie können Wörter und Sätze aneinanderreihen (mit oder ohne Fehler, das spielt jetzt keine Rolle), und deshalb sind sie Autoren. Dieses Wörter und Sätze Aneinanderreihen macht sie aber noch nicht dazu. Ehrlich gesagt entspricht das noch nicht einmal den Pilotinnen und Piloten in diesem Bild, die geradeaus fliegen. Denn was muss man dafür alles schon können? Und wenn man einen Fehler macht, ist man tot.

Gehen wir jetzt jedoch der Einfachheit halber einmal davon aus, dass das Geradeausfliegen die Beherrschung der deutschen Sprache darstellt. Das sind die Leute, die einen fehlerfreien Text schreiben können.

Wer jedoch ist dann der Pilot oder die Pilotin, die hier auf dem Bild die anderen umkreist? Wir erraten es schon 😉: Das wäre die Entsprechung zu einer Person, die nicht nur die deutsche Sprache beherrscht, sondern das Schreibhandwerk.

Und wenn man sich dieses Bild einmal anschaut, sieht man sehr genau, wie groß der Unterschied ist. Die einfache Beherrschung der deutschen Sprache reicht für diese Loopings nicht mehr aus. Da muss man schon ein bisschen mehr können. 😋

Für diese Pilotinnen und Piloten hier ist das selbstverständlich. Sie würden das nicht versuchen, wenn sie nicht absolut sicher wären, dass sie das auch können. Außerdem wissen Sie genau, sehr genau, was sie können müssen. Dass es nicht ausreicht – um noch einmal das Autobeispiel zu bemühen –, wenn man einfach nur den Führerschein hat. Das würde so ungefähr dem ABC in der Schule entsprechen. Man braucht aber mehr als das ABC, um eine Geschichte zu schreiben.

Im Schreibhandwerk geht es vor allem auch um die Hintergründe. Um die Voraussetzungen, die ich als Autorin darüber hinaus habe, dass ich schreiben kann, dass ich keine Fehler beim Schreiben mache.

Das fängt schon dabei an, dass ich ein Gefühl dafür haben sollte, wie sich eine Geschichte aufbaut. Dazu muss ich noch nicht einmal so viel Handwerkliches wissen. Das kommt meistens schon dadurch, dass ich viel gelesen habe. Deshalb wird so oft auf darauf hingewiesen, dass Lesen die Voraussetzung für Schreiben ist.

Es ist wie bei einem Musikstück, einem Lieblingslied beispielsweise, das ich immer wieder höre und das ich dann problemlos nachsingen oder nachpfeifen kann. Vielleicht kann ich auch den Rhythmus mit dem Fuß auf dem Boden oder mit den Fingern auf dem Tisch mitklopfen. Ich habe das Stück quasi in mir. Dazu muss ich keine Musikausbildung haben, ich muss kein Instrument spielen können oder in einem Chor singen. Gut, sicherlich hilft es, musikalisch zu sein. Ohne das geht es wohl nicht.

Beim Schreibhandwerk könnte man es ähnlich betrachten. Wenn ich viele Bücher gelesen habe, ist etwas von diesen Büchern in mich übergegangen. Logischerweise werde ich wahrscheinlich keine Bücher lesen, die mich langweilen. Durch das Lesen der für mich spannenden Bücher habe ich also schon gelernt, was ich als Leserin von einer Geschichte erwarte, kann vielleicht sogar Sätze oder Teile davon auswendig. (Da hat es der Autor oder die Autorin dann besonders gut gemacht. 🙂)

Das ist zuerst einmal sehr unbewusst. Kinder oder Teenager können wahrscheinlich nicht sagen, warum sie ein Buch mögen oder nicht. Sie können lediglich den Like-Button klicken. Oder das lassen.

Das ist der erste Schritt. Bei einem Buch, bei dem ich auf Like klicken würde, kann ich dann anfangen, mir zu überlegen, warum ich jetzt auf Like geklickt habe. Was hat mir so gut daran gefallen? Was ist das Besondere an diesem Buch?

Wenn einen das interessiert, wenn man das herausfinden will, reicht es nicht mehr aus, einfach nur die Wörter anzuschauen und zu überprüfen, ob sie richtig geschrieben sind. Ob die Grammatik korrekt ist. Es gibt ausgesprochen langweilige Bücher, bei denen das der Fall ist und die viele Leute trotzdem sofort weglegen würden, weil diese Bücher es nicht schaffen, Spannung zu erzeugen.

Ich rede jetzt natürlich nicht von Fachbüchern. Die sind manchmal nicht so besonders spannend, und man muss sie trotzdem lesen, weil man eine Ausbildung in diesem Bereich macht, weil man das Fach an der Universität studiert.

Ich rede von Unterhaltungsliteratur. Unterhaltungsliteratur ist dafür gemacht zu unterhalten, wie das Wort schon sagt. Und ohne Spannung in einer Geschichte zu unterhalten wird den meisten schwerfallen.

Spannung zu erzeugen, eine Geschichte interessant zu gestalten – so interessant, dass die LeserInnen es gar nicht erwarten können, die Seite umzublättern, um zu erfahren, wie es weitergeht – ist einer der wichtigsten Punkte, wenn nicht sogar der wichtigste überhaupt, den man im Schreibhandwerk lernen muss.

Und es ist nicht einfach, Leute, das kann ich Euch versichern. 😀

Versucht doch einfach mal herauszufinden, wie die Autorin das macht, wenn Ihr das nächste Mal ein Buch lest, das Euch gefällt, das Euch mitreißt.

Und wenn Ihr ganz viel Zeit habt, nehmt Euch mal die Leseprobe eines Buches, das Ihr langweilig findet, und versucht herauszufinden, warum das langweilig ist.

Wenn Ihr das herauszufinden könnt, dann kennt Ihr den Unterschied zwischen Handwerk und Nicht-Handwerk.

Wir hier bei el!es versuchen, spannende Bücher zu machen. Interessante Bücher. Bücher, die mitreißen und Bücher, die die Leserin mit einem Lächeln auf dem Gesicht zurücklassen. 🙂

Aber so etwas schreibt sich nicht von selbst, nur weil man die deutsche Sprache beherrscht. Ohne Handwerk geht das alles nicht.

Wir wollen die Loopings drehen, wie man sie hier oben auf dem Bild sieht.

Und jedes Mal, wenn uns das gelungen ist und die Leserinnen uns durch ihre Rezensionen oder sonstige Reaktionen bestätigen, dass das Buch sie gut unterhalten hat, freuen wir uns sehr. 🥰