»Ich werde mich bemühen, das ohne Schaden zu überstehen«, witzelte Sydney. »Vielleicht helfen Sie mir ja ein bisschen dabei? Sie kennen sich doch hier aus.« Sie machte eine kleine Pause, um zu sehen, wie ihr Angebot auf Mackenzie wirkte. »Ich heiße übrigens Sydney. Sorry, ich hatte mich noch gar nicht vorgestellt«, fügte sie dann hinzu.

»Dazu gab es ja auch keinen Grund«, entgegnete Mackenzie mit abweisend heruntergezogenen Mundwinkeln. »Und ich glaube kaum, dass ich Zeit habe, Sie herumzuführen. Ich muss arbeiten.« Damit nickte sie knapp und folgte dem blonden Hünen hinaus.

Oh Mann. Sydney war froh, dass hier in dieser Bar eine Klimaanlage lief. Diese Mackenzie hatte eine ganz schön heiße Wirkung auf sie. Obwohl Sydney wenn nicht schon vorher, so doch spätestens seit der abweisenden Erwiderung wusste, dass das nur einseitig sein konnte.

Mackenzie ging jetzt mit diesem Hünen nach Hause und übte für die Kinderchen. Wenn ihr bei etwas heiß wurde, dann bei seinem Anblick, nicht beim Anblick von Sydney.

Sie blickte noch kurz auf die Tür, durch die jetzt neue Leute hereinkamen, mehr vom Arbeitstag erschöpfte Feierabendsuchende, dann widmete sie sich wieder ihrem Bier.

Wahrscheinlich würden die nächsten Tage tatsächlich ziemlich langweilig werden. Denn bis zum Wochenende würde ihr Motorrad wohl kaum repariert sein. Sie konnte froh sein, wenn sie nächste Woche weiterfahren konnte.

Das war eine Verzögerung, die sie nicht eingeplant hatte. Sie überlegte, ob sie ohne ihre Maschine nach Vancouver weiterreisen sollte und später zurückkommen, um sie zu holen. Es gab eine Busverbindung nach Vancouver. Dauerte zwar länger als die direkte Verbindung, die sie selbst gefahren wäre, aber was waren schon anderthalb Stunden? In Vancouver konnte sie wesentlich besser untertauchen als hier.

Allerdings war es auch möglich, dass sie sie dann schon erwarteten, wenn sie zurückkam, um ihre Maschine abzuholen. Wenn sie nicht hier war, konnte sie nicht kontrollieren, wer in die Stadt kam und sich hier aufhielt. Wer nicht zu den Einheimischen gehörte.

Es war besser hierzubleiben und sich auf alle Eventualitäten vorzubereiten. Wie langweilig es auch sein mochte.

Und außerdem gab es einen Lichtblick. Ihre märchenhafte blonde Erzfeindin, die ihr trotzdem den Tag versüßte, wenn sie sie sah.

Das zu bekommen, was man sich wünschte, war zwar eine schöne Sache, aber Vorfreude war die schönste Freude. Solange noch alles offen war und man sich auf Dinge freute, die zwar eventuell nie eintreten würden, aber dennoch schon bei der Vorstellung alles kribbeln ließen.

Nun ja, offen war hier nichts. Mackenzie war wahrscheinlich mit dem blonden Hünen verlobt oder sogar verheiratet, aber man konnte ja mal träumen.

Das war etwas, das Sydney sich schon lange nicht mehr erlaubt hatte. Sie hatte es für überflüssig erklärt. Und es war ja auch gar keine Zeit dazu, seit sie immer unterwegs war.

Doch nun hatte sie ein paar Tage, in denen sie nicht unterwegs sein konnte, und die musste sie für irgendetwas nutzen. Sie war kein Mensch, dem es lag, einfach so herumzusitzen. Dann wurde sie verrückt.

Also musste sie sich eine Beschäftigung suchen, die es ihr gleichzeitig erlaubte, hier alles im Auge zu behalten.

Inklusive einer blonden Herausforderung, die zwar nichts für sie war, die aber trotzdem ein Lächeln auf ihr Gesicht zauberte, wenn sie an sie dachte.

9

Mackenzie ärgerte sich darüber, dass sie diese Sydney überhaupt angesprochen hatte. Warum hatte sie das getan?

Sie war eben ein freundlicher Mensch. Und diese Frau brachte sie dazu, ganz gegen ihre Natur unfreundlich zu sein. Immer hatte sie dieses überlegene Grinsen im Gesicht, das einen wahnsinnig machen konnte.

Francine hatte genauso überlegen gegrinst, aber damals hatte Mackenzie es nicht als das erkannt, was es war. Sie war zu jung gewesen und zu unerfahren. Diesmal würde sie nicht mehr darauf hereinfallen.

Die Frau namens Sydney hielt sich für etwas Besseres, sah auf alle Leute, die in einer kleinen Stadt wie Langley lebten, herab, hielt sie für einfältige Dorftrottel. Mackenzie natürlich eingeschlossen.

Sie war eine von denen, die nur nach Äußerlichkeiten urteilten. Innere Werte hatten keine Bedeutung für sie. Gegen ihren Willen saß sie hier für ein paar Tage fest und suchte nach einer Möglichkeit, die etwas weniger langweilig zu gestalten, als es zu erwarten war. Also hatte sie Mackenzie in Sammy J’s Bar ganz offen angemacht.

Mackenzie blies die Backen auf. Was bildete die sich eigentlich ein? Dass sie nichts Besseres zu tun hatte, als irgendwelchen zufällig durchreisenden Fremden als Lustobjekt zu dienen? Wofür hielt sie sie?

Und doch konnte sie nicht bestreiten, dass sie das Freitagsgefühl diesmal schon an einem Mittwoch gehabt hatte. Dafür hatte sie noch nicht einmal nach Vancouver fahren müssen.

Ja, diese Frau reizte sie in gewisser Weise. Weil sie anders war und aufregend. Weil sie ein Leben führte, das Mackenzie sich noch nicht einmal vorstellen konnte. Ein Leben außerhalb von Langley.

Zwar wusste sie nichts über dieses Leben, aber wie so oft, wenn man wenig oder gar nichts über etwas weiß, füllte sie die Lücken mit Fantasie. Diese Sydney machte vielleicht tatsächlich nur ein paar Tage Urlaub auf ihrem Motorrad, fuhr ein wenig herum, bevor sie wieder in einen Job zurückkehrte, der genauso langweilig war wie Mackenzies Leben hier, aber Mackenzie bildete sich ein, sie wäre eine Abenteurerin, die keinen festen Job hatte, kein festes Ziel. Jemand, der frei wie ein Vogel war, nicht angebunden an Routine und Konvention.

Unkonventionell war sie sicher, diese Sydney, das sah man schon in ihren Augen. Augen, die so dunkel waren, dass man darin bis in die tiefsten Tiefen versinken konnte. Und doch konnte man nicht wirklich darin lesen, nicht erkennen, was in diesen tiefsten Tiefen lag.

Auf einmal merkte Mackenzie, dass sie das gern gewusst hätte. Da war etwas, das sie anzog, in diesen Sog hineinsog, der hinter den dunklen Augen zu wirbeln und alles zu verschlingen schien.

Ja, in Sydneys Augen konnte man sehen, dass sie schon einiges erlebt hatte. Sie war kein unbeschriebenes Blatt. Und das reizte Mackenzie unendlich. Denn sie fand sich selbst ziemlich unbeschrieben.

Einige der Leute in Langley hätten das zwar nicht gedacht, wenn sie gewusst hätten, was sie alles schon erlebt hatte, aber für Mackenzie waren das nur kleine, sehr begrenzte Ausflüge in eine andere Welt gewesen, während sie in Langley festsaß.

Das zumindest hatten sie im Moment gemeinsam: Sie saßen beide in Langley fest, Sydney und sie. Der Unterschied war nur, dass Sydney hier nur so lange festsaß, bis ihr Motorrad repariert sein würde, während es für Mackenzie so aussah, als würde sie nie hier herauskommen. Jedenfalls nicht auf Dauer.

Das war fast noch schlimmer, als wenn sie noch nicht einmal nach Vancouver hätte fahren können. Das Zurückkommen fiel jedes Mal schwerer. Und doch musste sie es tun.

Ja, sie konnte weiter versuchen, in Vancouver einen Job zu bekommen. Wenn sie es lange genug versuchte, würde es vielleicht sogar irgendwann einmal klappen. Davon zumindest konnte sie träumen.

Doch diese Sydney musste nicht träumen. Sie tat es einfach. Fuhr weiter und weiter, über den Horizont hinaus, ohne zu wissen, was sie dort erwartete, immer der Sonne entgegen.

Was für einen Blödsinn spann sie sich denn da zusammen? Bestimmt war alles ganz anders. Sie schüttelte den Kopf, und ihre Haare flogen unwillig herum.

Dieser Motorradausflug war für Sydney vielleicht das, was für sie, Mackenzie, ihre Ausflüge nach Vancouver waren. Ein kurzer Urlaub vom Alltag, aber kein Lebensstil.

Doch diese kräftigen Hände auf sich zu spüren, musste trotzdem erregend sein. Die Vorstellung jagte ein heißes Sehnen durch ihren ganzen Körper.

Kingsley Stevens: Kopfüber ins Abenteuer mit dir

1 Meine Güte. Was für ein Tag! Mackenzie strich sich über die blonden Locken, die sich nicht ganz...
2 »Hey! Ich liebe Frauen in schwarzem Leder!« Sydney stellte das schwere Motorrad auf den...
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