15
»Johanna, setz dich doch.« Eleni lächelte sie an. »Ich denke, es ist an der Zeit, dass wir uns duzen. Schließlich haben wir ja nun viel miteinander zu tun. Und im Head-Team ist es hier so üblich.«
Eleni hatte den ganzen gestrigen Abend darüber nachgedacht, ob das eine gute Idee war, und bis zu diesem Moment war sie zu keiner Entscheidung gekommen. Aber einmal ausgesprochen fühlte es sich genau richtig an.
»Du wolltest etwas mit mir besprechen?«
Johanna nickte. »Ich habe mir was überlegt und wollte gern Ihre . . .«, sie stockte und sah lächelnd zu Eleni, »deine Meinung dazu wissen.«
»Dann schieß mal los.«
Johanna kaute auf ihrer Unterlippe. »Wie wäre es, wenn wir gegen eine zusätzliche Gebühr für die Gäste Personal Training anbieten? Ich hätte dafür noch ein paar zeitliche Kapazitäten, und das Fitnessstudio ist sehr gut ausgestattet. Das würde alle Möglichkeiten bieten. Ich bin schon ein paar Mal von Gästen angesprochen worden, ob es auch eine Eins-zu-eins-Betreuung geben würde.«
Eleni drehte ihren Stift zwischen den Fingern. Das klang tatsächlich nach einer guten Idee. »Schaffst du das denn wirklich noch neben all den anderen Aufgaben? Oder gibt es jemanden, der dich dabei unterstützen kann?«
Auf Johannas Stirn bildeten sich kleine Fältchen. »Ich denke, ich schaffe das auf jeden Fall. Ansonsten wüsste ich niemanden, der einen Trainerschein hat. Aber ich werde mich natürlich im Team noch mal umhören.«
»Ich finde den Vorschlag grundsätzlich sehr gut. Das würde den Club zu etwas Besonderem machen. Immerhin ist der Club mit seinem umfangreichen Sportprogramm eh schon gerade deshalb beliebt. Personal Training würde das Profil noch schärfen.«
»Heißt das, ich darf damit starten?« Johanna begann zu strahlen.
»Unter einer Bedingung.« Eleni legte den Kopf ein wenig schief. »Ich darf die erste Stunde bei dir buchen. Ich muss nämlich dringend was für meine Fitness tun. Das ständige Sitzen am Schreibtisch tut mir nicht gut.«
Hatte sie das gerade gesagt? Sie war zwar nicht völlig unsportlich, aber wenn es einen guten Grund gab, ein Training ausfallen zu lassen, war sie um keine Ausrede verlegen. Daran lag es also ganz sicher nicht. Es lag einzig und allein an Johanna.
»Gar kein Problem. Heute in der Mittagspause?«
Okay, Johanna fackelte nicht lange. »Ich werde da sein. Und dann können wir auch über die weiteren Details wie den Preis und die Buchungsmöglichkeiten sprechen. Und das, was an zusätzlichem Honorar für dich dabei rausspringt.«
Johanna griente wie ein Honigkuchenpferd. »Ich freue mich.«
16
Schließlich hatte sie sich für eine blaugemusterte Leggings und ein dazu passendes hellblaues Tanktop entschieden. Zumindest würde sie so zum Corporate Design des Hotels passen. Bei dem Gedanken musste Eleni schmunzeln.
Johanna war im Fitnessraum bereits dabei, ein paar kleine Hanteln neben eine ausgebreitete Matte zu legen. Als sie Eleni bemerkte, die in dem großen Spiegel zu sehen war, drehte sie sich um und lächelte. Wieder bildeten sich diese süßen Grübchen neben ihrem Mund. »Du bist ausgesprochen pünktlich.«
»Ich konnte es eben kaum erwarten, von dir gequält zu werden.« Eleni hob eine Augenbraue. »Das ist der Teil meiner deutschen Gene.«
»Ich bin absolut bereit dazu. Aber erzähl mir vielleicht vorher noch, was du bisher so an Sport gemacht hast.« Johanna wirkte ganz professionell und in ihrem Element. »Dann kann ich das Programm besser auf dich abstimmen. Ich würde erst einmal mit ein paar Grundübungen anfangen und je nachdem, wie fit du bist, sie etwas im Schwierigkeitsgrad abwandeln. Ist das okay?«
»Du bist die Fachfrau.« Eleni wischte die Hände an ihrer Hose ab. Das klang nach ordentlich Muskelkater. »Um deine Fragen zu beantworten: Bisher bin ich ab und zu mal – wenn es gut funktioniert hat, so zweimal die Woche – ins Fitnessstudio gegangen. Meist war ich auf dem Laufband. Ganz selten habe ich mal den Kraftzirkel gemacht. Und seit ich auf Kreta bin, ist mein Sportpensum gleich null.«
Johanna nickte. Wahrscheinlich hielt sie Eleni für eine sportliche Niete. Womit sie auch nicht ganz unrecht hätte. Mit der Leistung, die Johanna täglich absolvierte, konnte sie nicht mal ansatzweise mithalten.
»Das ist ein guter Anfang. Auch wenn ich Krafttraining durchaus für den Alltag für wichtiger halte. Es müssen keine schweren Gewichte sein, aber die Muskeln zu stärken, vor allem die im Rumpfbereich, wird dir helfen, dass du weniger Rückenschmerzen vom langen Sitzen bekommst. Ist das überhaupt dein Ziel?«, fragte Johanna.
»Mein Ziel«, echote Eleni. Ihr einziges Ziel war gewesen, mehr Zeit mit Johanna zu verbringen. Doch das konnte sie schlecht sagen. Und sie wusste ja selbst nicht einmal, wie es überhaupt dazu gekommen war. »Also . . .«, stammelte sie, »ich weiß nicht . . . Ich glaube schon, dass das mein Ziel ist. Und vielleicht fitter werden?« Sie sah Johanna fragend an, die nur mühsam ein Lachen unterdrücken konnte.
»Dann lass uns einfach mal mit einer Art Bestandsaufnahme beginnen.« Die nächsten Minuten nutzte Johanna für ein kurzes Warm-up, natürlich zu Musik mit einigen Aerobic Moves.
»Oh Gott«, schnaubte Eleni, als sie fertig waren. Sie bekam jetzt schon fast keine Luft mehr und musste aussehen wie eine überreife Tomate. »Du musst mich für eine absolute Tanzlegasthenikerin halten. Aber Bewegung zu Musik ist überhaupt nicht meins.«
»Du hast das sehr gut gemacht.« Johanna legte einen Arm um Elenis Schulter.
Sofort raste ihr Herz noch schneller. Ihre Haut kribbelte unter Johannas Berührung.
»Machen wir weiter mit Kniebeugen.«
Als Johanna nach drei Durchgängen ankündigte, dass sie nun auf die Matte gehen würden, war Eleni kurz erleichtert, bis Johanna verkündete, dass Liegestütze folgen sollten.
»Ist das dein Ernst? Ich breche sofort zusammen.« Eleni begab sich dennoch pflichtbewusst in eine Liegestützposition. »Bitte vergiss nicht, dass ich keine Leistungssportlerin, sondern nur die untrainierte Hotelmanagerin bin.«
»Du darfst gern die Knie ablegen«, sagte Johanna, die sich neben Eleni gekniet hatte und sich von dieser Aussage nicht beeinflussen ließ. »Versuch, den Rücken hier gerade zu lassen.«
Ehe Eleni wusste, was geschah, lag auf einmal eine Hand auf ihrem unteren Rücken und die andere gegenüber auf dem Bauch. Unwillkürlich spannte sie ihre wenigen Bauchmuskeln etwas fester an.
»So ist es sehr gut«, lobte Johanna. »Die Arme kannst du erst mal etwas weiter als schulterbreit aufstellen, und dann versuch mal, langsam nach unten zu gehen und dich wieder hochzudrücken.«
Johannas Hände lagen noch immer auf Elenis Körper und sorgten nicht dafür, dass Eleni sich auf die richtige Bewegung konzentrieren konnte. Johannas Duft, eine Mischung aus Sonne und Kokos, betörte Eleni zusätzlich. Warum hatte sie bisher nicht bemerkt, wie unglaublich gut diese Frau roch? Sie schloss für einen Moment die Augen und träumte, auf einer Wiese zu liegen. Gemeinsam mit Johanna.
ENDE DER FORTSETZUNG