Sie war ziemlich zurückhaltend angezogen gewesen, stellte sie jetzt so im Nachhinein fest. Nicht auffällig, um ihre körperlichen Attribute zur Schau zu stellen. Aber zu übersehen waren die trotzdem nicht.

Kurz schnalzte Sydney mit der Zunge. Von solchen Gedanken sollte sie sich verabschieden. Eine junge Frau mit einer knackigen Figur und nicht zu verachtenden Brüsten war nicht das, was sie jetzt brauchte. Es lenkte sie nur ab.

So beschleunigte sie ihre Schritte nun doch, um schneller bei der Werkstatt anzukommen und ihre Satteltaschen ins Diner zurückzubringen, in ihr Hotelzimmer.

Nachdem sie das getan hatte, duschte sie und zog sich um, tauschte das schwarze Leder gegen Jeans und T-Shirt, die Motorradstiefel, in denen man ohnehin nicht gut laufen konnte, gegen ein paar bequeme Nikes.

So unterschied sie sich weit weniger von den anderen Bewohnern dieses Ortes, sie fügte sich fast nahtlos in die übliche Kleidung der Bevölkerung ein.

Das war das, was sie wollte. Sie wollte nicht auffallen.

Auch wenn sie das ohnehin tat, aber sie wollte das nicht unnötig übertreiben.

So für den Abend gewappnet verließ sie ihr Zimmer.

5

In gewisser Weise war es schon schade, dachte Mackenzie, dass nicht öfter mal interessante Frauen in Langley auftauchten. Dass sie immer nach Vancouver fahren musste, um auch nur einen Hauch von etwas Interessantem zu finden.

Es kamen durchaus immer wieder Fremde in Langley vorbei, auf ihrem Weg von Irgendwo nach Irgendwo, aber die blieben nicht. Sie übernachteten noch nicht einmal hier. Sie ruhten sich von der Fahrt aus, und dann ging es sofort weiter.

Vermutlich hätte diese dunkelhaarige Fremde mit den feurigen Augen das auch getan. Wenn nicht irgendetwas schiefgegangen wäre. Anscheinend war ihr nicht nur das Benzin ausgegangen. Dann hätte sie ihr Motorrad wohl kaum in Teds Werkstatt gebracht und wäre zu Fuß in die Stadt zurückgegangen.

Mac hätte natürlich in die Werkstatt gehen und Ted fragen können, den sie schon seit ihrer Kindheit kannte, aber was hätte er dann von ihr gedacht? Es wäre ihr peinlich gewesen, erklären zu müssen, warum sie sich für diese Fremde, die so gar nicht hierher passte, interessierte.

Und auf Anhieb hätte sie noch nicht einmal eine Antwort gewusst, hätte es noch nicht einmal gegenüber sich selbst erklären können. Warum hätte sie irgendetwas über diese Frau erfahren wollen? Sie war wie ein Vogel, der sich auf einen Ast setzte, um auszuruhen, und dann weiterflog. Nichts, was im Gedächtnis blieb.

Warum blieb sie ihr dann im Gedächtnis? Was war so Besonderes an ihr?

Na ja, das Leder . . . So was fiel auf in einem Nest wie diesem. Die Frauen vom Land, Farmerinnen oder auch Arbeiterinnen, waren manchmal schon robust gekleidet, aber keine von ihnen hätte sich von oben bis unten in schwarzes Leder gehüllt.

Diejenigen, die in Langley arbeiteten, mussten sich an den Dresscode halten, den ihr Boss ihnen vorschrieb. So wie Mackenzie in der Bank ein gedecktes Kostüm mit Bluse trug, was sie privat niemals getragen hätte.

Selbst junge Männer, die Motorrad fuhren, trugen höchstens mal eine Lederjacke, aber niemals dazu auch noch eine Lederhose. Und schon gar keine schwarze. Normalerweise trugen sie Jeans. Wie im täglichen Leben.

Diese Frau war aber so ausgestattet, als führe sie nicht nur mal eine halbe Stunde Motorrad, um einzukaufen oder jemanden zu besuchen. Auch die großen ledernen Satteltaschen deuteten auf längere Fahrten hin. Da ging eine Menge rein.

Mackenzie fragte sich, wohin sie unterwegs war. Woher sie kam.

Gut, das war keine große Frage. Sie kam von der anderen Seite der Grenze, war keine Kanadierin ihrem Akzent nach. Und unterwegs war sie wahrscheinlich erst einmal nach Vancouver, denn sonst gab es hier in der Nähe nichts, was man als ein lohnenswertes Ziel hätte bezeichnen können.

Vielleicht war sie ja auch einfach nur auf Urlaub. War aus den Staaten herübergekommen, um mit ihrer Maschine die Weiten Kanadas zu erkunden, die Wälder, für die viele so schwärmten. Weshalb sie extra herkamen.

Entweder sie klapperten dabei auch ein paar Städte ab oder blieben gleich mit ihren Trucks in der Wildnis, campten und übernachteten dort. Weil sie das große Urerlebnis wollten, das sie in ihren Städten nicht hatten. Wo Mackenzie sich nach der Stadt sehnte, sehnten sie sich danach, einmal keine Stadt und keine Menschen zu sehen.

Aber wie eine Urlauberin sah diese Frau nicht aus. So ganz genau wusste Mackenzie nicht, woran sie das festmachte, aber diese Motorradfahrerin hätte sie niemals mit Urlaub in Verbindung gebracht.

Sie hatte etwas Flüchtiges an sich. Als hätte sie keinen Ort, an den sie zurückkehren konnte, nur Orte vor sich, die sie noch besuchen würde. In denen sie vielleicht sogar mehr zufällig vorbeikam wie in Langley.

Denn dass sie hier jetzt quasi gegen ihren Willen festgehalten wurde, das sah man ihr an. Deshalb war sie so verärgert gewesen, als sie aus Teds Werkstatt kam. Deshalb hatte sie Mac umgelaufen, gar nicht gesehen, wo sie hinlief.

Wenn sie überhaupt ein Ziel gehabt hatte, war es bestimmt nicht Langley gewesen. Warum sollte es auch? In Langley gab es nichts zu sehen, nichts zu erleben. Hier war alles die pure Langeweile. Und dass sie sich nach Langeweile sehnte, danach sah die Frau in der Lederkluft nicht aus.

Unwillkürlich stellte Mackenzie sich das Leben einer Frau, die so angezogen war, die so ein Motorrad fuhr, die immer auf der Durchreise war, aufregend vor. Jeden Tag etwas Neues. Kein Tag glich dem anderen. Nie wusste man, was einen erwartete. Ja, aufregend. Das passte zu ihr.

Gegen den Willen ihrer Tante und ihres Onkels hatte Mackenzie sich entschieden, in Langley zu wohnen, nicht mehr auf der Farm. Obwohl die gar nicht so weit entfernt war.

Sie besuchte ihren Onkel und ihre Tante regelmäßig, aber bleiben wollte sie dort nicht mehr. Auch wenn das billiger gewesen wäre, weil sie keine Miete hätte zahlen müssen. Da knapste sie sich lieber die Miete ab und war dafür unabhängig.

Soweit das in einer Stadt wie Langley, in der jeder jeden beobachtete, ging. Aber sie hatte ihr eigenes Zimmer, eine Tür, die sie hinter sich abschließen konnte, konnte über Nacht wegbleiben, ohne dass sie jemand danach fragte, wo sie gewesen war. Ein kleines Stück Freiheit in einer Welt, in der so vieles von anderen geregelt wurde, nicht von ihr selbst.

Das war etwas, das sie zunehmend störte. Auch wenn das niemand hier verstand. Die meisten Leute fanden es schön, ein geregeltes Leben zu haben, eine feste Routine, die sich jeden Tag wiederholte, gleichbleibende Eckpfeiler, an denen sie sich festhalten und orientieren konnten. Für Mackenzie waren das vor allen Dingen Fesseln.

Lockere Fesseln, die einen gewissen Rahmen ließen, in dem sie eigene Entscheidungen treffen konnte, wo nicht alles und jedes vorgegeben war, aber es war ein sehr kleiner Rahmen. Mehr für ein Porträt als für eine große weitausladende Landschaft mit Ausblick, mit Perspektive.

Als sie noch jünger gewesen war, auf der High School, hatte sie manchmal gesagt, was sie sich vorstellte. Hätte gern mit anderen darüber gesprochen. Aber sie hatten sie nur ausgelacht.

Sie war auf der Schule äußerst beliebt gewesen, und oftmals richteten andere sich nach ihr, aber in diesem einen Punkt fand sie niemanden, der sich nach ihr richten wollte. Sie taten das als einen Spleen ab, den sie eben hatte.

Viele hatten ihr High School Sweetheart geheiratet, und einige hatten jetzt schon Kinder. Mit gerade mal zwanzig. Das war nicht Mackenzies Vorstellung von einem erfüllten Leben.

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